Ich wurde im Mai 69 geboren und im Alter von 5 Tagen von
meiner Familie weg in das Oskar-Helene-Heim gebracht, um meinen KF links und
Sichelfuß rechts behandeln zu lassen. Vor 32 Jahren war die Verfahrensweise
leider anders als heute, so wurde ich erst wieder nach 3 Monaten Gips-Therapie
aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen.
Während des gesamten Aufenthalts im Krankenhaus durften meine Eltern mich nicht
anfassen, in den Arm nehmen, nichts, damals durften die Eltern ihre Kinder nur
durch eine Glasscheibe betrachten (weil sie annahmen, die Kinder könnten sich
Bakterien/Viren holen).
Die erste OP erfolgte dann mit 5 Monaten. Leider
entstand eine Nachblutung im Bereich des Fußrandes wegen eines zu eng angelegten
OP-Gipses (damals war die „Fenster-Technik“ nicht gang und gebe), worauf es im
Krankenhaus zu meinen Eltern hieß: „Wir müssen den Fuß ihrer Tochter leider
amputieren“. Meine Eltern konnten es nicht fassen, mein Vater konnte dies
verhindern, da er selbst zwei KF hat, wußte er wovon er redete. Diese ganze
Aktion (antibiotische Therapie etc.) bedeute wieder 4 Wochen Krankenhaus und
danach ewig lange Zeit Gipse. Die zweite OP fand dann April 72 statt. Danach gab
es eine Nachtaußenschale, Unterschenkeldoppelschiene, Dreipunkteinlagen.
Die
Schienen waren damals aus Metall mit Gürtelriemen zum festmachen, gingen bis zum
Knie und waren potthäßlich und unbequem und schwer. Ich habe es gehaßt, diese
Dinger zu tragen und orthopädische Schuhe genauso. Es gab zu hause oft Streit
deswegen, ich habe aber später im endeffekt doch das gemacht was ich wollte. Ich
trug später weder orthopädische Schuhe, noch Einlagen und mein Fuß sieht lt. der
Ärzte „super“ aus. Meine Einstellung zu diesen Sachen „Foltergeräte“, gegen die
man sich spätestens ab einem bestimmten Alter auflehnt. Meine Eltern haben immer
gesagt: „Aber beschwere dich später nicht bei uns, wenn du Schmerzen hast“, das
habe ich immer beherzigt, aber auch wenn ich in dem Punkt noch weiter behandelt
worden wäre, hätte das an dem Ergebnis nichts geändert, außer dass meine
Kindheit um eine Freiheit beraubt gewesen wäre und ich mich noch unwohler in
meiner Haut gefühlt hätte.
Während meiner Kindheit war das mit dem Fuß eigentlich nicht
auffällig für andere, die Freunde wußten es und nahmen es nicht mehr wahr und
andere, die fragten, bekamen von mir eine Antwort und dann war die Sache
erledigt und auch später war das eigentlich nie ein Thema. Ich persönlich
natürlich wußte, der Fuß ist da und kleidete mich dementsprechend, nur
Hosen, feste Schuhe, wegen dem Größenunterschied (33/36) war ein Schuhkauf
jedesmal Horror. KG habe ich als Kind viel gemacht, hatte aber wie alle Kinder
irgendwann die Lust verloren und ging nicht mehr hin, erst mit 16 Jahren bekam
ich mal wieder eine Nachtschale und KG nach einer Kontrolluntersuchung
verschrieben. Meinen Mann lernte ich in der Schule kennen (wir waren 3 Jahre in
einer Klasse) und ihm war bis dato nie aufgefallen, daß ich einen KF hatte, als
wir dann zusammenkamen (mit 16) war er ganz überrascht, aber er nahm es so wie es war, ich war
ja immer noch der gleiche Mensch.
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